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Herausforderungen Hochbegabter im Berufsleben

Mit welchen Herausforderungen sind Hochbegabte im Berufsleben konfrontiert? Dieser Frage gehe ich im heutigen Beitrag auf den Grund und gebe wertvolle Tipps für den Alltag.

Hochbegabte sind für ihre Kollegen und Vorgesetzten nicht immer angenehme Zeitgenossen. Zumindest dann nicht, wenn man ihr Verhalten und ihre Persönlichkeit auf Basis von Unwissen falsch deutet und sie in entsprechende Schubladen steckt. Auf der anderen Seite ist es auch für Hochbegabte alles andere als leicht, mit der Normalwelt einen tragbaren Konsens zu finden, der nicht ständig wiederkehrende Konfliktsituationen mit sich bringt. Im heutigen Artikel gehe ich näher auf die (aus meiner Sicht) größten Herausforderungen Hochbegabter im Berufsalltag ein.


Schwere Beeinflussbarkeit


Hochbegabte durchdenken in der Regel alles sehr gründlich, bevor sie sich äußern. Sie betrachten Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven, versuchen übergeordnete Zusammenhänge zu ergründen und gleichzeitig mögliche Auswirkungen auf die Zukunft zu antizipieren. Sie bringen ihre Gedanken erst dann zum Ausdruck, wenn diese den persönlichen Qualitätscheck positiv bestanden haben.

Zum Konflikt kommt es mit großer Wahrscheinlichkeit dann, wenn das Gegenüber eine andere Meinung vertritt und diese nicht mit genügend Zahlen, Daten und Fakten belegen kann. Hochbegabte sind von Natur aus sehr kritische Charaktere, die andere Meinungen, Äußerungen oder Handlungen ausnahmslos hinterfragen und ihr Commitment selten ohne eingehende Überprüfung geben. Auf Dauer kann das sehr anstrengend in der Zusammenarbeit werden, wenn man nicht weiß, wie man damit umgehen sollte.


Mein Tipp: Ratio überzeugt und beeindruckt Hochbegabte mehr als Meinung. Wenn man gut vorbereitet ist und seinen Standpunkt mit Zahlen, Daten und Fakten untermauern kann, stehen die Chancen gut, auch einen Hochbegabten zu überzeugen.


Erhöhte Verletzlichkeit


Wie bereits in meinen letzten Beiträgen mehrfach erwähnt, nehmen Hochbegabte ihre Umgebung viel intensiver wahr, sehen und spüren mehr von dem, was gerade passiert. Man könnte fast sagen, dass sie alle Äußerungen, Handlungen und Emotionen ihrer Mitmenschen unter einem Mikroskop untersuchen und in alle Einzelteile zerlegen. Da sie die kollektive Ablehnung ihrer Andersartigkeit schon zur Genüge gewohnt sind, neigen sie dazu, ihre eigenen Interpretationen über das Gesagte, Gesehene oder Gespürte so sehr mit der Realität zu vermischen, dass sie sich sofort persönlich angegriffen fühlen. Die starke Tendenz zur Selbstkritik spielt diesem Vorgang noch zusätzlich in die Karten und eine einfache Aussage des Vorgesetzten wie „Das Ergebnis habe ich mir anders vorgestellt.“ oder ein kritischer Blick können dazu führen, dass die Welt eines Hochbegabten kurzzeitig völlig zusammenbricht.


Mein Tipp: Auch bei kritischen Äußerungen sollte die Wertschätzung und Anerkennung des Geleisteten nicht zu kurz kommen. Wenn man es schafft, den Hochbegabten nicht in den Abgrund seiner Emotionen zu stürzen, ist auch an dieser Stelle eine rationale, gut durchdachte Erklärung der Schlüssel zu einer friedlichen und zufriedenstellenden Lösung für alle Beteiligten.


Erklärungsnot


Die komplexen und sprunghaften Denkvorgänge eines Hochbegabten vollumfänglich nachvollziehen zu können ist eine Wissenschaft für sich – auch für Betroffene selbst. Gerne verdeutliche ich das an einem Beispiel aus meiner eigenen Schulzeit. In Mathematik habe ich wiederkehrend schlechte Noten und Beurteilungen bekommen, weil ich oft nur das Ergebnis der Aufgabe zu Papier bringen konnte, nicht aber den Weg dort hin. Es war mir schlichtweg unmöglich, meine Gedankengänge und Überlegungen für Außenstehende nachvollziehbar offenzulegen. Heute weiß ich, dass das damit zusammenhängt, dass mein Gehirn mir diese Denkschritte einfach nicht zugänglich macht, weil sie in einer solchen Geschwindigkeit vollzogen werden, dass ich der festen Überzeugung bin, dass sie nicht stattgefunden haben. In der Zusammenarbeit mit anderen rufen derartige Situationen vollkommenes Unverständnis hervor. Schließlich ist es doch wichtig, sich erst einmal ausführlich mit dem Problem zu befassen und sich öffentlich ausschweifend über verschiedenste Aspekte zu unterhalten, bevor man dann zur Lösung kommt, oder?


Mein Tipp: Hochbegabte unterhalten sich lieber über Lösungen als über Probleme. Wäre es nicht denkbar, verschiedene Lösungsvorschläge zur Diskussion zu stellen, anstatt die kollektive Lösungsfindung zum einzig möglichen running system zu machen?





Freiheitsliebe


Hochbegabte arbeiten lieber alleine als im Team. Auf die Hintergründe gehe ich in diesem Artikel näher ein. Zwischen hochbegabten Mitarbeitern und Vorgesetzten, die in ihrem Führungsstil sehr kontrollierend sind, wird es zwangsläufig zu Konflikten kommen. Sowohl in der Art und Weise als auch in der Gestaltung der Rahmenbedingungen der Arbeit lassen sich Hochbegabte ungern etwas sagen. Für sie zählt auch hier nicht der Weg zum Ziel, sondern das Ergebnis an sich.


Mein Tipp: Bei hochbegabten Mitarbeitern reicht es meist aus, einen groben Rahmen und das Ziel an sich zu vereinbaren. Zeitliche und örtliche Bedingungen und die Wahl des Wegs zum Ziel sollten den Hochbegabten selbst überlassen werden, wenn man als Unternehmen die bestmöglichen Ergebnisse erzielen möchte.


Was mir im Alltag hilft


Aufgrund dessen, dass ich schon seit meiner Kindheit mit dem Thema Hochbegabung vertraut bin, fällt es mir relativ leicht, auch öffentlich sehr ehrlich damit umzugehen. Genau diese Ehrlichkeit hilft mir regelmäßig dabei, meinen Alltag für mich angenehm zu gestalten. Natürlich ist man hier auch gewissermaßen auf ein verständnisvolles Umfeld angewiesen. Bisher habe ich allerdings nur wenig Ablehnung erlebt, wenn ich respektvoll, ehrlich und höflich darauf hingewiesen habe, dass und weshalb ich in manchen Situationen anders denke, handle und fühle.

Den nächsten Beitrag werde ich den Missverständnissen widmen, die zwischen Hochbegabten und der Normalwelt unweigerlich und regelmäßig auftreten.

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