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Hochbegabt? Potenziale erkennen und fördern – eine Rezension

Heute gibt es auf dem HIGHLY GIFTED Blog eine Rezension zu Eliane Reichardts neuem Buch "Hochbegabt? Potenziale erkennen und fördern".


Vor kurzem habe ich die Möglichkeit bekommen, ein Rezensionsexemplar von Eliane Reichardts neuem Buch „Hochbegabt? Potenziale erkennen und fördern“ zu erhalten.


In diesem Beitrag möchte ich Dir einen kurzen, aussagekräftigen Einblick in das Buch geben und meine Eindrücke in einem Fazit zusammenfassen.


Das Buch umfasst 319 Seiten und ist neben Vorwort, Einführung und Anhang in vier Kapitel unterteilt. Nachfolgend gehe ich auf jedes Kapitel kurz ein und teile die für mich wichtigsten Inhalte und Erkenntnisse mit Dir. Hierzu werde ich einige Zitate anführen, die ich für sehr wichtig halte.


Kapitel 1 – Was ist Hochbegabung?


Eliane Reichardt hat ihre eigene Hochbegabung erst im Erwachsenenalter entdeckt und anschließend sehr umfassend zu diesem Thema recherchiert. Neben den verbreiteten Alltagstheorien beleuchtet sie im ersten Kapitel sehr ausführlich die Fragen, was Hochbegabung eigentlich ist, was es mit Intelligenz auf sich hat und wie sich die Forschung zu diesen Themen im letzten Jahrhundert entwickelt hat. Den IQ-Grenzwert einer Hochbegabung von 130 stellt sie in Frage und begründet dies auch sehr ausführlich.


„Wie sähe denn die Situation heute aus, hätte man den IQ-Wert für Hochbegabung in den 1930er-Jahren nicht auf 130, sondern auf 115 festgelegt?“ (S.34)


Auch viele Modelle zum Thema Hochbegabung nimmt sie unter die Lupe (u.a. das triadische Interdependenzmodell nach Mönks, das Drei Ringe Modell von Renzulli, das Münchner Hochbegabungsmodell von Heller und viele weitere) und merkt kritisch an, „[...] dass einige Modelle heute sogar völlig überholt sind und vielfach trotzdem immer noch Vorurteile und Alltagstheorien darauf aufbauen.“ (S. 36)


Sie warnt: „Ungerechtfertigte Pathologisierungen [...] bringen diese Menschen – und damit uns alle wie auch unsere Gesellschaft nicht weiter.“ (S.60)


Ein Aspekt, der gerade für alle Eltern (aber natürlich auch für Erwachsene) sehr interessant ist, ist die Beleuchtung der Aussagekraft von IQ-Tests, sowie die ausführliche Erläuterung verschiedener Persönlichkeitsmerkmale (Hoch)Begabter. Auf Dein eigenes Leben angewandt ergeben sich für Dich hier sicherlich ein paar „Aha-Momente“.


Zum Abschluss des Kapitels geht es noch um die erhöhte Sensitivität (hoch)begabter Menschen und ihre Ausdrucksformen. Diese wird anhand der Theory of Positive Disintegration von Prof. Kazimierz Dabrowski, die insgesamt fünf Formen der „overexcitability“ unterscheidet, sehr anschaulich dargestellt.


Sensorische, psychomotorische (Stichwort: ADHS), imaginative, intellektuelle und emotionale Sensitivität werden unter die Lupe genommen und anhand von alltäglichen Situationen sehr anschaulich beschrieben.


Kapitel 2 – Wie zeigt sich (Hoch)Begabung bei Kindern?


Da Du nun einen umfassenden Einblick in die Thematik Hochbegabung bekommen hast, geht es jetzt darum, wie diese sich bei Kindern zeigt und welche Schwierigkeiten im Alltag damit einhergehen. An dieser Stelle möchte ich einfach ein paar aussagekräftige Zitate anführen, in denen Du Dich oder Dein Kind sicherlich wiederfinden kannst.


„Da sie sich aber auch kognitiv sehr schnell entwickeln, werden der intellektuelle und der emotionale Anteil in ihnen möglicherweise kollidieren, wenn die Kinder ungute Erfahrungen machen, für die sie keine Erklärung (Auflösung) finden.“ (S. 125)


„Sie beschäftigen sich oft schon sehr früh mit nicht altersentsprechenden Themen, setzen sich beispielsweise mit sozialen und gesellschaftspolitischen Problemen auseinander.“ (S. 127)


„Erscheinen ihnen die Autoritäten nicht kompetent und die Regeln nicht schlüssig, logisch und sinnvoll, nehmen sie sie nicht ohne Diskussion an. [...] Ihr Verlangen richtet sich auf Klarheit, Wahrheit und Verstehen und nicht etwa darauf, andere Menschen anzugreifen oder gar zu verletzen.“ (S. 129)


„So haben wir bei den (hoch)begabten Kindern auf der einen Seite jede Menge nicht ausgeschöpftes, brachliegendes Potenzial und auf der anderen Seite die Überforderung (differentes Fähigkeitsprofil, Motorik, Emotionalität und sensorische Empfindsamkeit).“ (S. 141)


In diesem Kapitel führt Eliane Reichardt zentral auch die kognitive, die emotionale und die körperliche Seite der (hoch)begabten Menschen sowie angrenzende Themen (Synästhesie, Bilderdenken, Hochsensibilität) näher aus.


Kapitel 3 – Die Eltern (hoch)begabter Kinder


Als Elternteil eines (hoch)begabten Kindes bist du zweifelsohne Tag für Tag vielen Herausforderungen ausgesetzt.


„Dass sich andere unvoreingenommen mit Ihnen freuen oder gar mit den Eltern gemeinsam überlegen, wie sie ihren wundervollen, ungewöhnlichen Kindern am besten gerecht werden und sie am wirksamsten fördern könnten, geschieht leider nur höchst selten.“ (S. 179)


Du erfährst hier, wie Du diesen täglichen Herausforderungen in einer für Dein Kind wertvollen und entwicklungsförderlichen Art und Weise entgegentrittst.


Einen Satz in diesem Kapitel möchte ich an dieser Stelle besonders betonen und Dich noch einmal mit Nachdruck darauf hinweisen, wie unfassbar wichtig es ist, dass Du als Elternteil eines dieser kleinen Geschenke Deine Verantwortung übernimmst:


„Wenn mehr Eltern heute den Mut fassen, ganz selbstverständlich über die Begabung ihrer Kinder zu sprechen, sollte es die Situation hergeben oder erfordern, dann werden vielleicht schon ihre Enkelkinder in einer anderen deutschen Begabungskultur unter für sie wesentlich günstigeren und glücklicheren Bedingungen aufwachsen können.“ (S.187)


Nachdem in diesem Kapitel auch die Verteilung von (Hoch)Begabung in den verschiedenen Schichten der Gesellschaft ein Thema ist, bildet ein kurzer Ausflug in die Welt der (hoch)begabten Erwachsenen den Abschluss.


„Jeder Mensch muss seine eigene Identität kennen, man muss wissen, wer man ist, denn das entscheidet in hohem Maß mit über den Lebenserfolg. [...] Solange begabte Menschen nicht um ihre Begabung wissen, sind sie auf der Suche. Sie suchen sich selbst. Den Kern ihrer Identität. Dieser Kern ist die Persönlichkeit, die zu einer (Hoch)Begabung gehört.“ (S. 217 f.)


Kapitel 4 – Begabung im Alltag


Im letzten Kapitel werden sozio-emotionale Schwierigkeiten, Überforderung vs. Unterforderung, Underachievment, Verhaltensauffälligkeiten und die wichtige Frage „(Wie) sage ich es meinem Kind?“thematisiert und anhand sehr vieler Praxisbeispiele veranschaulicht.


„Das permanente Gefühl der Nicht-Passung, des Nicht-Erwünschtseins, des Nicht-Verstandenwerdens auszuhalten, erfordert von diesen Kindern eine außergewöhnliche emotionale Stärke.“ (S. 233)


„Ein (hoch)begabtes Kind lässt sich in seinem Wissensdrang normalerweise nicht bremsen, geschieht das dennoch, wird das Kind – mit höchster Wahrscheinlichkeit – Schaden an seiner Seele und seiner Persönlichkeit nehmen.“ (S. 245)


„Die Ursachen psychosomatischer Symptome liegen meistens in einer (dauerhaften) kognitiven Unterforderung oder auch in vom sozialen Umfeld geforderten Anpassungsleistungen, die (hoch)begabte Kinder nicht erbringen können, einfach weil sie anders sind.“ (S. 268)


„[...] und es kommt ihnen in vollem Umfang zu Bewusstsein, dass sie niemals sein werden wie alle anderen. Das erzeugt oft eine große Trauer bis hin zu Verlustängsten oder auch einer ungeheuren Wut – abhängig von seiner Persönlichkeit und dem Leben, das schon hinter dem betreffenden Menschen liegt.“ (S. 293)


Mein Fazit


Da ich mich selbst schon sehr lange mit dem Thema Hochbegabung auseinandersetze, bin ich immer wieder neugierig, welche Aspekte und Informationen mir bisher möglicherweise entgangen sind. Eliane Reichardt bringt in diesem Buch aus meiner Sicht alle relevanten Fakten auf den Punkt, untermauert ihre Aussagen mit anschaulichen Praxisbeispielen und vermittelt sehr viel unglaublich wichtiges Wissen. Die Inhalte sind sehr gut recherchiert und alle zugehörigen Quellen werden genannt, sodass man bei Interesse noch tiefer in die Materie einsteigen kann.


Zwar stehen im Buch (hoch)begabte Kinder im Fokus, dennoch ist es auch für Erwachsene (nicht nur für Eltern) unglaublich wertvoll, über die enthaltenen Themen zu reflektieren, sich selbst zu hinterfragen und möglicherweise die eigene Kindheit noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Der Schreibstil von Eliane Reichardt ist absolut auf Augenhöhe, man fühlt sich nicht belehrt und auch wenn sie Dinge und Verhaltensweisen in Frage stellt, tut sie dies stets auf eine wertschätzende Art und Weise.


Zum Abschluss möchte ich noch ein Zitat anführen, das ich äußerst treffsicher finde und unbedingt mit Dir teilen möchte.


"Infolge der leider immer noch weitverbreiteten Unkenntnis (wenn nicht gar Ablehnung) des Themas werden (Hoch)Begabte als Persönlichkeiten sehr häufig völlig falsch eingeschätzt und ihr Verhalten (dementsprechend) fehlinterpretiert, weshalb sich sowohl Kinder als auch Erwachsene viel zu oft völlig ungerechtfertigt in Diagnosen von psychischen Störungsbildern wiederfinden und Therapien verordnet bekommen, die vollständig an ihren Bedürfnissen vorbeirauschen." (S. 280)


Dieses Buch sollte ein Standardwerk, ein Muss für alle Eltern, Erzieher und Lehrer (hoch)begabter Kinder werden!



An dieser Stelle noch ein ganz herzliches Dankeschön an Eliane Reichardt für dieses so wertvolle, bereichernde Buch - jede Publikation zum Thema Hochbegabung bringt uns unserem gemeinsamen Ziel, die Welt zu einem begabungsfreundlicheren Ort zu machen, ein Stück näher.


Das Buch bekommst Du hier.*


Du hast Fragen zum Buch oder möchtest Dich einfach dazu austauschen? Eliane Reichardt ist glücklicherweise Mitglied unserer HIGHLY GIFTED Facebook-Community und beantwortet Dir Deine Fragen sicherlich gerne persönlich.


Kürzlich war sie auch im uniQate-Podcast zu Gast und hat ein wunderschönes, sehr informatives Interview gegeben. Zum Podcast geht’s hier entlang.


Alles Liebe für Dich,

Franziska

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