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Hochbegabte im Umgang mit Konflikten und Problemen

Hochbegabte sind häufig mit Problemen und Konflikten konfrontiert. Warum das ganz wunderbar ist und wie Du jeden Konflikt positiv für Dich nutzen kannst, erfährst Du hier.


Ich möchte gleich vorab sagen, dass ich das Wort „Problem“ aus meinem Wortschatz inzwischen nahezu gestrichen habe. Dennoch habe ich es an dieser Stelle für die Überschrift verwendet, da ich weiß, dass es ein langer Weg ist, bis man eine Situation, die einem zuwider ist, als „Herausforderung“ oder schlichtweg einfach nur als „Thema“ betiteln, sehen und fühlen kann. In diesem Beitrag verwende ich immer wieder das Wort Herausforderung als Synonym für „Problem“.


Heute möchte ich Euch ein paar neue Denkanstöße geben, die es Euch ermöglichen sollen, Konflikte und Herausforderungen als Geschenk und unglaublich wichtige Schritte in Eurer Persönlichkeitsentwicklung zu sehen. Zwischendrin gibt es immer wieder kleine Coaching-Inputs, die Euch bei Eurem Perspektivwechsel unterstützen sollen und Euch hoffentlich neue, ungeahnte Sichtweisen ermöglichen. Für den maximalen Mehrwert empfehle ich Euch, den Beitrag nicht nur aufmerksam durchzulesen, sondern Euch ein Blatt Papier und einen Stift zurechtzulegen und aktiv mitzuarbeiten.


Wie werden „Konflikt“ und „Problem“ definiert?


Laut Duden ist ein Konflikt eine „durch das Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen, Interessen o.Ä. entstandene schwierige Situation, die zum Zerwürfnis führen kann“ und ein Problem eine „schwierige (ungelöste) Aufgabe“ oder eine „komplizierte Fragestellung“. Unterschiedliche Auffassungen von Dingen und komplizierte Fragestellungen erleben Menschen ohne Frage regelmäßig, Hochbegabte aber aufgrund ihrer Andersartigkeit noch häufiger und durch ihre sehr sensible Wahrnehmung in anderer Ausprägung. Das andere Denken, Sehen und Fühlen führen dazu, dass im Falle eines Konflikts oder einer Herausforderung die Dinge häufig noch dramatisiert und persönlich genommen werden und eine Spirale des Hineinsteigerns beginnt. Da die emotionale Stabilität bei Hochbegabten (wie in diesem Beitrag näher erläutert) weitaus geringer ausgeprägt ist als bei der Normalwelt, setzen an dieser Stelle auch oft direkt starke Selbstzweifel ein („Schaffe ich das? Bin ich gut genug? Das wird nie etwas werden...“). In manchen Fällen der sozialen Interaktion äußern sich die aufgestauten, unverarbeiteten Emotionen dann auch in Ablehnung, Rückzug und Resignation. Das Gedankenkarussell steht dabei selbstverständlich nicht still und der Ärger über sich selbst, dass man die perfekte Lösung gerade einfach nicht hat, krönt das Drama. Wie kommt man nun aus einer Konflikt- oder Problemsituation unbeschadet wieder heraus und kann dabei sogar noch etwas lernen? Sehen wir uns zunächst das Thema Konflikte näher an.


Konflikte – Wie können sie dienen?


Nicht nur die alltäglichen Missverständnisse mit der Normalwelt im Leben Hochbegabter führen häufig zu Konflikten, sondern auch die Neigung zu harter Selbstkritik und stark ausgeprägter Perfektionismus. Es gibt also nicht nur die potenziellen Gegner im Außen, sondern auch noch den Endgegner in sich selbst (der im Übrigen bei Hochbegabten sogar fast noch unbesiegbarer scheint als alle anderen).


Da ich überzeugt davon bin, dass nichts im Leben ohne Grund geschieht und auch nicht an Zufälle glaube, habe ich irgendwann begonnen, den Nutzen und den Sinn auch in Konfliktsituationen zu suchen.


Jeder Konflikt, den wir entweder mit anderen oder mit uns selbst austragen, sagt immer viel mehr über unsere eigene Person, unbearbeitete Themen und verborgene Emotionen in unserem Inneren aus, als über die Sache, um die es geht. Es ist daher aussichtslos, nur die sichtbaren Symptome – also das, was im Außen gerade passiert – zu bekämpfen. Vielmehr sollten wir der eigentlichen Ursache auf den Grund gehen und uns fragen, wieso uns der aktuelle Sachverhalt oder das Verhalten einer außenstehenden Person so sehr trifft und welches Gefühl dahinter steckt.


Die Wut, die in den meisten Fällen zu Konflikten führt, ist für sich selbst gesehen nämlich wider Erwarten keinGefühl und kann somit auch nicht der Auslöser eines Konflikts sein. Sie resultiert in den meisten Fällen aus einer der folgenden Emotionen und fungiert gewissermaßen als eine Art Selbstschutzmechanismus:

  • Enttäuschung

  • Angst

  • Verletzung

  • Abneigung

Erinnere Dich einmal kurz zurück an Deine letzte Konfliktsituation und versuche, der Wut, die Du in dem Moment empfunden hast, eine der soeben genannten Emotionen zuzuordnen.


Möglicherweise ist Dir im Konflikt mit einer außenstehenden Person oder mit Dir selbst eines der folgenden Dinge widerfahren:

  • Das Gesagte/Vereinbarte/Versprochene wurde nicht eingehalten, Deine Erwartungen wurden nicht erfüllt (Enttäuschung)

  • Die Situation hat in Dir ein Gefühl des Unbehagens, der Angst vor möglichen Folgen hervorgerufen (Angst)

  • Das Geschehnis hat Dich sehr getroffen und Deine Gefühle verletzt (Verletzung)

  • Der Vorfall hat Deinen Vorstellungen, Deiner Werthaltung oder Deinen Überzeugungen widerstrebt (Abneigung)

Ich möchte Dir nun gerne zeigen, welch riesengroßes Geschenk jeder dieser einzelnen Auslöser von Konflikten sein kann, wenn Du sie nur richtig zu interpretieren weißt. Die Emotionen, die in Konfliktsituation hervortreten, sind ein wunderbarer Indikator für die Bereiche in Deinem Leben und Deiner Person, die sich etwas mehr Beachtung wünschen.


Enttäuschung


Wenn Du von Dir selbst oder von anderen ent-täuscht wirst (trenne das Wort einmal bewusst), solltest Du im ersten Schritt einmal Deine Erwartungen an Dich selbst und an andere überprüfen. Liegen sie im Rahmen und sind angemessen? Sind sie möglicherweise vollkommen überzogen? Misst Du mit dem richtigen Maßstab? Hast Du Deine Erwartungen von Anfang an klar und transparent kommuniziert? Gründet Deine Beziehung zu Dir selbst oder zu anderen darauf, was Du geben kannst oder fokussierst Du dich auf das, was Du gerne bekommen möchtest?

Enttäuschung ist sehr wertvoll, da sie uns auf den Boden der Tatsachen zurückholt und – wie das Wort schon sagt - die Phase der Täuschung beendet.


Nutze Deine Ent-täuschung, um zu sehen, was wirklich ist.


Angst


Wovor hast Du genau Angst? Was wäre das Schlimmste, das passieren könnte, wenn deine negativsten Gedanken Wirklichkeit werden? Würde Dein Leben dann trotzdem weitergehen? In welchen anderen Situationen Deines Lebens war es Dir schon einmal nützlich, Deine Angst zu übergehen und Deiner inneren Stimme zu folgen, auf Deinen Bauch zu hören? Wann hast Du eine solche Situation in Deinem Leben das letzte Mal ohne Angst erlebt? Was war damals anders?

Immer wenn eine Situation Angst in dir auslöst, lohnt es sich, näher hinzusehen. Angst kann nur bestehen, solange sie im Dunklen verborgen bleibt und sie lebt nur von der Vergangenheit und der Zukunft – nie vom Jetzt.


Wird Angst ans Licht gebracht, ist ihre Existenz gefährdet.


Verletzung


Was war es genau, das Dich getroffen hat? Wurde Dein Selbstwertgefühl verletzt? Oder war es doch nur Dein Ego? Wie groß ist die Macht, die ein anderer über Deinen Selbstwert hat? Welche Gedanken denkst Du über Dich, die möglicherweise destruktiv sein könnten? Woher kommt die eigentliche Verletzung, die in gerade dieser Situation wieder ans Licht kam?


Verletzungen tragen wir alle in uns, kleinere oder größere. Wenn diese in Konflikten zu Tage treten, können wir sehr dankbar sein, denn das bietet uns die Gelegenheit, sie ein für alle mal zu heilen.


Verletzungen zeigen Dir, mit welchen Geschehnissen der Vergangenheit Du bisher noch nicht in Frieden bist.


Abneigung


Was genau lehnst du an der Situation ab? Was missfällt und widerstrebt Dir so sehr, dass Du wütend wirst? Wogegen kämpfst Du an?


Das, wofür wir andere häufig verurteilen und was wir an ihnen zutiefst ablehnen, kann uns Aufschluss darüber geben, was wir uns selbst in unserem Leben versagen und welchen Teil unserer Person wir noch nicht vollständig als „zu uns gehörend“ akzeptiert haben.


Abneigung hilft Dir dabei, Deine Person als Ganzes zu akzeptieren.


Welche Herausforderung darf es heute sein?


Nicht nur in heiligen Schriften, sondern auch im alltäglichen Sprachgebrauch ist häufig die Rede davon, dass das Leben uns immer wieder Prüfungen stellt, die es zu meistern gilt. Da Du als Hochbegabte(r) das Privileg hast, anders zu sein als 98% der Menschen, darfst Du Prüfungen ablegen, die sich hinsichtlich ihrer Häufigkeit und ihrer Beschaffenheit drastisch von denen der Normalwelt unterscheiden.


Es gab eine lange Phase in meinem Leben, in der ich sehr stark mit meiner Hochbegabung gekämpft habe, alles dafür gegeben hätte, dass sie einfach nicht vorhanden ist und ich nicht so viel von allem mitbekomme, was um mich herum geschieht – ganz besonders während meiner Schulzeit. Dieser Kampf war schlagartig beendet, als ich den folgenden Satz verinnerlicht habe und seither keinen Tag mehr ohne ihn lebe:


Das Leben ist immer für Dich, niemals gegen Dich.


Ich weiß, an manchen Tagen und in manchen Situationen scheint das ganz und gar nicht so und wenn Du dich gerade an Dein letztes Problem erinnerst, wirst Du mir vermutlich innerlich den Vogel zeigen. Dennoch liegt es in unserer eigenen Verantwortung, ob wir die Dinge immer negativ sehen oder versuchen, das Beste aus den gegebenen Umständen herauszuholen. Um noch einmal kurz zur Definition des Wortes „Problem“ zurückzukommen, haben wir es schließlich mit nichts weiterem als „schwierigen Aufgaben“ zu tun – und schwierige Aufgaben mögen Hochbegabte doch besonders gerne, oder?


Die gute Nachricht ist, dass ich auch gelernt habe, dass die Lösung eines jeden Problems, einer jeden Herausforderung, bereits in mir ist, wenn ich nur genau genug hinhöre. So solltest also auch Du darauf vertrauen, dass Du keine unlösbaren Aufgaben vorgesetzt bekommst. Menschen sind auch gerne dazu geneigt, Probleme in ihrem Leben behalten zu wollen, da das einen höheren Gewinn verspricht (Aufmerksamkeit, Anerkennung für die schwierige Situation) als die Lösung.


Hochbegabte sind erfahrungsgemäß häufig sehr in ihren Gedanken gefangen, versuchen Lösungen bevorzugt im Kopf zu erzeugen. Alles soll nach logischen Mustern ablaufen und wenn es dann auch noch etwas länger dauert als gewohnt, schwindet die Hoffnung und Gefühle des Unbehagens, der Verzweiflung und vielleicht sogar Wut machen sich breit.


Ich möchte Dich gerne dazu ermutigen, Deine aktuellen Themen einmal allumfassend zu betrachten. Nicht nur aus der Perspektive des Kopfes, sondern auch aus der des Bauches und des Herzens. Hol Dir einmal Dein aktuelles Thema vor Dein geistiges Auge und beantworte Dir (gerne schriftlich) die folgenden Fragen:

  1. Was ist eigentlich Dein Ziel? Was hättest Du gern, bzw. lieber als Dein Problem?

  2. Wie sind die Umstände in Deinem Leben, wenn Du Dein Ziel erreicht hast?

  3. Welche Zwischenschritte sind auf dem Weg zu Deinem eigentlichen Ziel wichtig?

  4. Was gewinnst Du durch die Lösung Deines Problems und zu welchem Preis (was musst Du dafür aufgeben?)

  5. Welche Fähigkeiten hast Du aktuell schon, um Dein Ziel zu erreichen und welche musst du noch aktivieren?

  6. Stell Dir nun vor, Dein Problem wäre Geschichte. Woran erkennst Du das? Wie fühlst Du dich jetzt? Wie sieht Deine Umgebung aus, wie fühlt sich das für Dich an?

Diese Fragen helfen Dir in jedem Bereich, ob beruflich oder privat, ob das Problem groß zu sein scheint oder klein.


Fazit


Vergiss nicht, dass deine Hochbegabung und alles was mit ihr in Verbindung steht ein riesengroßes Geschenk ist. Dadurch, dass Du viel häufiger mit Konflikten und Herausforderungen konfrontiert wirst, bieten sich auch viele Möglichkeiten, an Dir selbst zu wachsen. Nutze Dein Potenzial, nimm Deinen ganzen Mut zusammen und wachse über Dich hinaus – Du bist grenzenlos.


Lass mich gerne in den Kommentaren oder in der HIGHLY GIFTED Facebook-Community wissen, wie hilfreich dieser Beitrag für Dich war. Sind meine Themen auch Deine Themen? Ich freue mich auf Dein Feedback.

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